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Sorgen kann man teilen. 0800/111 0 111 · 0800/111 0 222 · 116 123 Ihr Anruf ist kostenfrei

TelefonSeelsorge Ostoberfranken

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Reset - Wie weit willst Du gehen?

Eine aktuelle Serie zum Thema Suizid in der Familie. Sie ist in der ZDF-Mediathek. Es wird im Abspann auf die TS hingewiesen.


Neue Leitung der Telefonseelsorge Ostoberfranken | Evangelisches Dekanat Bayreuth - Bad Berneck (dekanat-bayreuthbadberneck.de)

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Predigt von Diakonin Elisabeth Peterhoff zu ihrer Einführung am 09.03.2024:

"Liebe festliche Gemeinde, 

in den ersten fünf Wochen habe ich nicht nur die Telefonseelsorge-Dienststelle Ostoberfranken erkundet, sondern natürlich auch die schöne Stadt Bayreuth inklusive der Stadtkirche.

Bei einer meiner Erkundigungen entdeckte ich den „Flügelmantel“. Das Kunstwerk sprach mich unmittelbar an. Ich verwarf meine Überlegungen zu meiner Antrittspredigt; der Flügelmantel, das war mir intuitiv klar, passt wie nichts Anderes.

Der Flügelmantel wurde von einer Frau gestaltet, die ein schlimmstes Trauma überlebt hat. Für etliche unter uns ist die 5-tägige Entführung des Flugzeuges Landshut und die Rettung der Geiseln in Mogadischu in Somalia noch in Erinnerung. Gabriele von Lutzau war damals als Stewardess eine der Geiseln.

Sie wurde Bildhauerin. Ihre Kunst entsteht mit Kettensäge und Flammenwerfer. Der Leitspruch ihres künstlerischen Schaffens: „leben und überleben“ weißt auf ihr Ziel hin: Mit ihrer Kunst dem Bösen etwas entgegensetzen.

Dem Bösen seine Kraft entziehen, das möchten wir vermutlich alle. Frau von Lutzau stellt in ihrer Kunst eindrücklich die Kraft des Lebens dar.

 Wer ruft eigentlich bei der Telefonseelsorge an oder auch ruft da überhaupt jemand an? Das wurde und werde ich immer wieder gefragt.

Ja, es rufen Leute an. Leute wie Du und ich. Leute mit kleinen, aber auch ganz großen Sorgen. Einsame, Leute, die Angst vor ihrem Leben, ihren Entscheidungen haben; Leute, die Anregung, Zuspruch, Widerspruch, Reflexion suchen. Leute, die am Leben verzweifeln.

Die Nummer 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222 ist für sie ein Hoffnungsanker, ja wie ein Schutzmantel in ausweglosen, ohnmächtigen Zeiten.

Der Flügelmantel erzählt, was es in solch schweren Lebenssituationen braucht. Einen Mantel der wärmt und doch leicht ist; einen Mantel, der umhüllt, ohne einzuengen, der nicht schwer auf den Schultern liegt. Einen Mantel, der Luft lässt für Körper, Geist und Seele.

Die Telefonseelsorge bietet so einen Mantel-Schutz. Anonym, kompetent, zeitlos –Tag und Nacht.

Menschen, die, wie der Flügelmantel selbst vom Leben mitgenommen sind, finden bei der Telefon-seelsorge ein offenes Ohr mit offenem Herzen.

Übersehene, Vernachlässigte, Zurückgewiesene; aus der Bahn Geworfene; Überforderte des alltäglichen Wahnsinns: Beruf und Familie; Beziehungen, die mehr fordern als Halt und Geborgenheit geben; innere und äußere Perfektionsansprüche. Menschen, die den plötzlichen Verlust eines geliebten Menschen verkraften müssen oder die Angst haben, dass die Gespenster der Vergangenheit immer und immer wieder kommen. Angst vor Krankheit, Tod und Krieg, lässt Menschen die Nummer wählen.

 Der Flügelmantel entstand bei einem Bildhauersymposium in der Rhön. Aus Lerche schuf die Künstlerin eine weitere „Fiederung“, wie sie die Kunstwerke mit den großen Federn nennt.

Die Figur hing erst in einer Stadt und schließlich vergessen am Rhönwanderweg.

Draußen zu leben bringt mit sich, dass man von Wind und Regen, Sturm und manchem harten Fußtritt mitgenommen wird. So auch beim Flügelmantel. Die Skulptur verwitterte immer mehr. 2017, anlässlich des Reformationsjubiläums sollte der Flügelmantel einen letzten Auftritt in der Stadtkirche Bayreuth bekommen; danach wollte die Künstlerin ihn in aller vergänglichen Schönheit sterben lassen.

Es kam anders. Wie mich, hat der Flügelmantel die Menschen tief in der Seele angesprochen. Und so kam nicht nur ein Flügel-Restaurator, sondern auch ein Spender. Der Restaurator hat das bisherige Leben des Flügelmantels sichtbar gelassen. Gelebtes Leben bleibt so integriert. Als Dauerleihgabe ist er nun hier in der Stadtkirche.

Kunst ist lebensnotwendig. Erst vorgestern hörte ich zufällig, wobei, was ist schon Zufall? -von einer Forschungsarbeit zum Thema seelische Berührungen durch Kunst. Kunst in jeder Form, ob gestalterisch, musikalisch, malerisch oder in Form von Worten, berührt uns Menschen ganz tief in unseren ältesten Hirnregionen. Bereiche die für ganz basale, zentrale Vorgänge verantwortlich sind wie Atmen, Essen, Schlafen, Fortpflanzen. Kunst ist lebensnotwendig wie unsere zentralen Lebensfunktionen.

Wir brauchen Berührungen der Seele, die uns leben, aufleben lassen. Aufleben mit all unseren Flechten und Moosen, unseren gebrochenen Federn, unseren tiefen Tälern und schönsten Höhenflügen.

Das erzählt der Flügelmantel und das erzählen die Erfahrungen in der Telefonseelsorge. Menschen brauchen die Kunst des Zuhörens. Sie brauchen die Empfindung, dass ein Mensch ganz für Sie da ist. „ganz Ohr“, mit seiner ganzen Gegenwart bei ihnen, den Kern ihrer Worte wie ihres Schweigens versteht, ihre Gefühle achtet.

Im Raum der Telefonseelsorge kann durch achtsames, respektvolles Zuhören, das handwerklich geschult ist, neues Zutrauen ins Leben, in eine Aufgabe, in die nächste Stunde, in eine Beziehung entstehen.

Naturschutzgebiete für die Seele. Wir brauchen Sie dringender denn je.

Der einzelne Mensch wie die Gesellschaft braucht Räume der bedingungslosen Akzeptanz, des Vertrauens, die Atmosphäre eines Schutzmantels.

 Weiter, schneller, höher geht nicht unendlich.

Unsicherheit oder Angst, beschäftigt uns alle mehr oder minder. Wir leben in einer Welt, die Kriegstüchtigkeit auch bei uns einfordert, die im spürbaren Klimawandel lebt; dazu das eigene Leben, mit all seinen Herausforderungen.

Wir spüren Entwicklungen oft viel früher, als dass wir sie in Worte fassen können. Unsere Gefühle sind ernste Ratgeber, aber auch flüchtige Bekannte. Auf sie zu hören ist wichtig, aber ebenso, sie zu hinterfragen.

Mit einer Haltung der liebevollen Klarheit können Menschen ihre Lebensfragen und ihr Leben ansehen. Auch das zerrupfte und gebeutelte, das enttäuschte und gedemütigte.

Im Prospekt zum Flügelmantel zitiert die Künstlerin unter anderem Carl Friedrich von Weizäcker, den Physiker und Philosoph. Er sagt: „Man kann in dieser Welt, wie sie ist, nur dann weiterleben, wenn man zutiefst glaubt, dass sie nicht so bleibt, sondern werden wird, wie sie sein soll.“

  Der Flügelmantel erzählt von Verletzung und Heilwerden, Hoffnung und Trost.

Psalm 17 erzählt die Erfahrung, dass unser Leben geborgen ist unter dem Schatten der Flügel Gottes.

Hören wir die Verse 1-8 - Ruth Wiedemann liest:

UNTER DEM SCHATTEN DEINER FLÜGEL

171Ein Gebet Davids.

Herr, höre die gerechte Sache,

merke auf mein Schreien,

vernimm mein Gebet

von Lippen ohne Falsch.

2Sprich du in meiner Sache;

deine Augen sehen, was recht ist.

3Du prüfst mein Herz und suchst mich heim bei Nacht;

du läuterst mich und findest nichts.

Ich habe mir vorgenommen,

dass mein Mund sich nicht vergehe.

4Im Treiben der Menschen bewahre ich mich /

durch das Wort deiner Lippen

vor Wegen der Gewalt.

5Erhalte meinen Gang auf deinen Pfaden,

dass meine Tritte nicht gleiten.

6Ich rufe zu dir, denn du, Gott, wirst mich erhören;

neige deine Ohren zu mir, höre meine Rede!

7Beweise deine wunderbare Güte, du Heiland derer,

die Zuflucht suchen vor denen, die sich gegen deine rechte Hand erheben.

8Behüte mich wie einen Augapfel im Auge,

beschirme mich unter dem Schatten deiner Flügel

Gott hört und behütet uns wie einen Augapfel. Bei ihm ist Zuflucht und Schutz. Mit Gott an der Seite kann unser Lebensweg den Weg der Hoffnung, der Zuversicht, der Liebe gehen.

Leben und überleben, dem Bösen etwas entgegensetzen. Frau von Lutzau hat dem Bösen und dem Tod in die Augen gesehen und hat sie sich dennoch oder gerade deswegen für das Leben, für die Hoffnung entschieden.

Gott vertrauen heißt nicht, verschont zu bleiben vor Krankheit oder Verrat, Niedertracht oder übler Nachrede, Unfall oder dem Tod geliebter Menschen.

Auf Gott vertrauen heißt, immer wieder dem Leben zu trauen, dass es uns liebt, dass es uns will, weil Gott uns will.

Auf Gott vertrauen heißt ausnahmslos jeden, mit Augen der Liebe Gottes sehen. Es heißt aber nicht, alles gut zu heißen. Das Böse, das Lebensfeindliche, das Zerstörerische müssen wir klar benennen. Wir müssen unterscheiden im Denken und Fühlen, was dem Leben dient und was ihm schadet. Die Würde jedes einzelnen Menschen ist die Grundlage für unsere Unterscheidung.

Wir können als Menschen miteinander Großartiges gestalten, füreinander da sein mit Respekt, Anstand und Toleranz.

Wagen wir immer wieder aufs Neue das Vertrauen in Gottes Zusage, dass wir gewollt und in ihm gehalten sind. Damit können wir einander unterstützen und schützen. Gott ist an unserer Seite: gestern, heute und morgen. Amen.


 Informationen zur Telefonseelsorge Deutschland:

TelefonSeelsorge® Deutschland | Sorgen kann man teilen. 0800/1110111 · 0800/1110222 · 116123. Ihr Anruf ist kostenfrei.

TS-System - Erreichbarkeit und Anonymität

https://www.youtube.com/watch?v=e29Hk2v1lQo

24/7 | Zeitschrift der TelefonSeelsorge Deutschland (24-7-telefonseelsorge.de


Informationen zum Thema Suizid:

Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention e.V. (suizidprophylaxe.de)


Presseartikel

Der heiße Draht der Hoffnung - idea v. 16.03.2017

Artikel in Frankenpost vom 30./31.08.2014

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 30.12.2012

Bericht in "Bayreuth-Evangelisch", Aug./Sept. 2012

Beiträge, die nicht mehr abrufbar sind:
Interview Mainwelle vom 22.01.2021
https://www.mainwelle.de/mediathek/kategorie/audiothek/audio/telefon-seelsorge/
Beitrag vom 2. Juni in Bayern 2, Interview mit Frank Richter
https://www.br.de/radio/bayern2/programmkalender/ausstrahlung-1768026.html
Zuhör-Kiosk in Hamburg:
https://srv.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-audio-teilen.3265.de.html?mdm:audio_id=681918

Seelsorgestiftung Oberfranken

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